Interview mit Dimitris Psarras, Redaktion EFSYN, Vizepräsident der EFSYN-Genossenschaft, in: FaktenCheck:HELLAS, Ausgabe 4, Juli 2015
Seit wann gibt es EFSYN und wo steht Eure Zeitung heute innerhalb des Spektrums der Print-Medien?
Unsere Zeitung wurde im November 2012 ins Leben gerufen. Die meisten von uns arbeiteten bis 2011 in der großen Zeitung „Eleftherotypia”, die durch Beschluss der Eigentümer eingestellt wurde. Die Löhne der Beschäftigten wurden nicht bezahlt; wir streikten sechs Monate lang. Ohne Erfolg. So entschlossen wir uns, eine Zeitung auf genossenschaftlicher Basis zu gründen. Die politische Richtung der Zeitung ergibt sich aus den persönlichen Ansichten eines jeden von uns. Alle Journalistinnen und Journalisten haben das Recht, ihre individuellen Ansichten, versehen mit ihrer Unterschrift, zum Ausdruck zu bringen. Natürlich gibt es auch eine „Zentral”-Meinung: Wir sind natürlich links und pro-SYRIZA eingestellt. Besonders wichtig ist: Unsere Zeitung ist die einzige große griechische Zeitung mit fortwährend wachsender Auflage.
Wie sehen Eure internen Strukturen aus?
Wir bildeten eine Genossenschaft, in der alle in unserem EFSYN-Team gleichberechtigt mitmachen und Anteile haben. Das heißt: Journalisten ebenso wie die „Techniker“. Jeder brachte 1.000 Euro ein. Und jeder und jede arbeitete zwei Monate lang ohne Bezahlung. Dies war unser Anfangskapital. Jetzt haben wir alle denselben Lohn. Erneut: Kopfarbeiter und „Handarbeiter“, also „Techniker“. Der Direktor, die Redaktion und der Vorstand der Genossenschaft werden von allen Mitgliedern gewählt. Die wichtigen Entscheidungen werden von der Generalversammlung getroffen.
Die Woche vor dem Referendum stellte ohne Zweifel eine besondere Herausforderung für eine linke Tageszeitung dar. Hatte das bei Euch konkrete Folgen?
Die Zeitung war natürlich Teil der Kampagne für ein „Nein“. Allerdings gab es auch einige EFSYN-Journalisten, die für „Ja” waren. Unsere wesentliche Aufgabe sahen wir darin, die Propaganda der anderen Medien zu beantworten, wonach die Frage des Referendums ein Ja oder Nein zu Europa und zum Euro sei. Die Folgen waren für uns zunächst positiv. Am Freitag vor dem Referendum war EFSYN die erste Zeitung! Aber jedes Wunder währt nur drei Tage. Sehr schnell mussten wir feststellen, dass die Kreditgeber nicht Demokratie haben, sondern nur ein neues hartes Memorandum erzwingen wollen.
Die dritte Ausgabe von FaktenCheck:HELLAS lag EFSYN am 22. Juni bei. Welche Resonanz gab es?
Diese Ausgabe war sehr wichtig für uns und für unsere Leserschaft. Die Existenz eines solchen wichtigen journalistischen und politischen Blattes für die Solidarität der Völker Europas mit Griechenland ist hilfreich für die Bemühungen des griechischen Volkes, den Folgen der Krise zu entkommen. Wir erhielten viele Kommentare. Und: Alle waren sie positiv.
Wie wurde bei Euch das neue Austeritätsprogramm aufgenommen, das vom griechischen Parlament am 11. Juli angenommen wurde?
Es war sehr schwierig, sich von der Euphorie des Referendums in die harte Realität des neuen Memorandums zu begeben. Wir stellen fest, dass es im Vergleich zu früheren Memoranda, eine Verbesserungen gibt, so z.B. erstmals die Besteuerung von Reedern. Aber es stimmt: Wir haben ein neues Austeritätsprogramm. Wir wissen [zum Zeitpunkt dieses Interviews; FCH-Red.] noch nicht, ob es eine endgültige Übereinstimmung mit den Gläubigern gibt. Sie verlangen immer neue Zugeständnisse von der griechischen Regierung, die nicht akzeptiert werden können. Sicherlich gibt es zum ersten Mal einige Länder, die Griechenland unterstützen. Aber der Preis ist zu hoch.
Hast Du Bitten für das Projekt FaktenCheck:HELLAS?
Ich kann verstehen, daß im Rahmen des Projektes FCH viele Fragen und Zweifel über die neuesten Entwicklungen entstanden sind. Es ist ganz natürlich, dass diese Entwicklungen zu unterschiedlichen politischen Interpretationen führen. Aber die Solidarität mit dem griechischen Volk ist gerade jetzt wichtiger denn je. Ich möchte klarstellen, daß wir alle, die wir die SYRIZA-Regierung unterstützt haben und wir in der Referendumskampagne für ein „Nein“ warben, keine Illusionen haben. Mein Wunsch ist: Machen Sie mit dem Projekt FaktenCheck:HELLAS, das Sie bisher so erfolgreich betrieben haben, weiter. Wir haben Vertrauen in Sie. Und wir bitten Sie, uns und dem griechischen Volk zu vertrauen.