Aus: FaktenCheck:HELLAS, Ausgabe 4, Juli 2015

Die deutsch-griechischen Beziehungen standen unter der Dominanz der Wirtschaft. Dem Interesse an den wirtschaftlichen Geschäften auf der griechischen Seite stand der politische Gewinn auf der deutschen Seite als Kompensation gegenüber.

Die Schuldigen für NS-Verbrechen in Griechenland mussten – abgesehen von wenigen Fällen – für ihre Taten nicht büßen. Nach dem Besuch des damaligen griechischen Ministerpräsidenten Karamanlis in der Bundesrepublik im Jahre 1958 und der Gewährung einer Staatsanleihe in Höhe von 200 Millionen DM beschloss die griechische Regierung, auf jegliche Strafverfolgung von vorausgegangenen Kriegsverbrechern endgültig zu verzichten. Athen übertrug diese Kompetenz auf die bundesdeutschen Behörden. Die deutschen Behörden wiederum zeigten keinerlei Willen, die Kriegsverbrecher ernsthaft zu verfolgen. (Siehe dazu den Kommentar von Norman Paech in FCH03). Anfang 1959, zwei Monate nach den deutsch-griechischen Wirtschaftsverhandlungen, drückte Karamanlis im griechischen Parlament ein Gesetz durch, in dem auf die Verfolgung von Kriegsverbrechern verzichtet wurde.

Nach Angaben des „Nationalen Griechischen Büros für Kriegsverbrechen“ gab es mehr als 2.500 Kriegsverbrechen auf griechischem Boden. Es ging dabei u.a. um Mord, willkürliche Hinrichtungen von Kriegsgefangenen, Brandstiftung von Dörfern, Zerstörung von fremdem Eigentum, Verordnung von Zwangsarbeit….

Zitat nach einem Interview, das FCH mit Dr. Dimitrios K. Apostolopoulos, führte. Apostopoulos ist Historiker, Politikwissenschaftler, Forschungsmitarbeiter des Zentrums für Neugriechische Geschichte der Akademie Athen und Lehrbeauftragter der griechischen Open University. Seine Dissertation („Die griechisch-deutschen Nachkriegsbeziehungen. Historische Hypothek und moralischer ´Kredit`“) erschien 2004 in deutscher Sprache im Peter Lang Verlag 2004.