Liebe Schwestern und Brüder,

wir haben Euren „Anderen Thessalonicherbrief“ an den DEKt erhalten und beraten. Wir sind mit Euch über die Krise, die der Kapitalismus für die Mehrheit der Menschen weltweit erzeugt, beunruhigt. Deshalb hatten wir uns schon zuvor vor dem DEKt verabredet, um aus dem Geist der Ökumenischen Versammlungen, eine Resolution zur Schuldenkrise zu verabschieden.

Euer Brief mit der Bitte um einen Dialog mit uns darf nicht unbeantwortet bleiben.

Wir schämen uns als Bürgerinnen und Bürger, als Christinnen und Christen, als Europäerinnen und Europäer über die Hartherzigkeit, ja die Brutalität, mit der gerade von unserer deutschen Bundesregierung ohne Rücksicht auf die betroffenen Menschen, ohne Blick auf die Arbeitnehmer- und Menschenrechte das neoliberale Austeritätsprogramm durchgesetzt wird. Wir sagen: Menschen sind wichtiger als Schulden. Schulden müssen erlassen werden, wenn sie nicht zurückgezahlt werden können und zu Verelendung und Armut führen.

Die Krise in Griechenland ist Teil der weltweiten Krisen, die der Kapitalismus hervorruft. Das neoliberale Regime hat Menschen und Staaten weltweit in Armut und Schulden getrieben. Eine kleineglobale Klasse von Vermögenden zieht ihren Nutzen daraus. Der Neoliberalismus stürzt auch in unserem Land, in Deutschland, mit seinem Austeritätsprogramm Menschen in Not. Der Niedriglohnsektor ufert aus, gespart wird bei den Armen, den Arbeitslosen, den Alleinerziehenden. Wir teilen Eure Sorge, dass sich rechte und faschistische Kräfte in Europa als Folge der neoliberalen Zerstörung des Sozialsystems ausbreiten. Deshalb darf der Neuanfang mit Syriza nicht scheitern.

Wir sagen Nein,

  • zu einer Europapolitik, die den Rechtspopulisten in die Hände spielt und die Demokratie in Europa zerstört.
  • zu einer Europapolitik, die auf Druck der Regierung Merkel uns in Deutschland zu Profiteuren der Krise und die griechischen Bürgerinnen und Bürger zu Verlierern macht.
  • zu einer Politik des IWF und der EU-Kommission, die seit Jahren Griechenland ausplündert.
  • zu einer europaweiten Austeritätspolitik, die in Europa zur Senkung der Löhne, Abbau des Sozialstaates und Schonung der Vermögenden führt.

Wir fordern, dass die Banken und Institute, die die Krise wesentlich mitverursacht haben, zur Verantwortung gezogen werden.

Papst Franziskus hat Recht. „Diese Wirtschaft tötet.“ So urteilt er über eine Wirtschaft, die Menschen den Interessen des Kapitals unterordnet. Die Kirchen des Ökumenischen Rates haben in Busan 2014 den Kapitalismus ein „ungerechtes System“ genannt. Die Missionserklärung aus Busan spricht von einem globalen, vom Mammon bestimmten, System, das durch endlose Ausbeutung die grenzenlose Ausbreitung des Reichtums der Reichen und Mächtigen schützt.

An Griechenland wird ein Exempel statuiert. Wenn wir Euren Kampf verteidigen, dann verteidigen wir auch unsere Arbeitnehmer- und Menschenrechte. Euer Kampf für ein anderes Europa ist auch unser Kampf. Die Grenzen verlaufen nicht zwischen den europäischen Völkern sondern zwischen den wenigen Gewinnern und vielen Opfern. Wir befinden uns in der gleichen Auseinandersetzung. Wir brauchen ein neues, sozial ausgerichtetes Europa, das auf den allgemeinen Menschenrechten gründet. Die wirtschaftliche Entwicklung muss sich an sozialen und ökologischen Kriterien orientieren.

Deshalb unterstützen wir Eure Forderung nach einer internationalen Insolvenzordnung nach dem Vorbild der Londoner Schuldenkonferenz. Die mögliche Zurückzahlung von Schulden soll dabei an soziale und ökologische Bedingungen gebunden sein. Bis zur Klärung in einer Schuldenkonferenz ist ein Zins- und Tilgungsmoratorium vorzusehen. Wir fordern ein EU-finanziertes wirtschaftliches Aufbauprogramm.

Deshalb fordern wir unser Kirchenleitungen auf, die Forderung nach einem Schuldenerlass, die tief in der biblischen Traditionen des Erlassjahres verankert ist, zu unterstützen und sich der deutschen Regierung gegenüber mit den Verfasserinnen und Verfassern dieses „Anderen Thessalonicherbriefes“ zu solidarisieren.

Ein sozial neu begründetes Europa muss die historischen Wunden heilen. Deshalb bitten wir unsere Kirchenleitungen, die Forderung der jetzigen und früheren griechischen Regierung zu unterstützen, die historische Schuld und die Schulden aus der Zeit der NS-Besatzung Griechenlands endlich und rechtlich abschließend so zu klären, dass die Opfer zu ihrem Recht kommen.

Aus dem Land Dietrich Bonhoeffers, von dem wir gelernt haben, nicht nur die Opfer zu versorgen, sondern „dem Rad in die Speichen zu greifen“, möchten wir Ihnen ganz herzlich und geschwisterlich für Ihren Brief danken.

 

Erstunterzeichner dieses Briefs sind die Teilnehmer eines Ratschlags „ die globale Schuldenkrise – eine Krise des Kapitalismus“ auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart 2015.

Name Vorname Mitglied der Organisation
Albrecht Christoph Jesuiten
Bauer Thomas Initiative „kein Militär“/Bündnis für die Zukunft
Bauermeister Christa Akademie Solidarische Ökonomie (ASÖ)
Bender Harald ASÖ
Bernholt Norbert ASÖ
Braun Margund ASÖ
Breidenstein Gerhard Initiative Anders leben
Brenner Ralf Heimstatt Esslingen
Brookmann Hiltrut EKD synodale Gewerkschaftssekretärin
Bücking Elisabeth Ökumenisches Forum christlicher Frauen in Europa
Dietschy Beat Brot für Alle
Dohan Louise
Duchrow Ulrich KAIROS Europa
Fischbeck Hans-Jürgen ASÖ
Gebert Werner Plädoyer für eine ökumenische Zukunft
Groll Franz ASÖ
Held Michael ÖNID
Herberer Ute Wir sind Kirche
Heubach Max economyforthepeople
Hinzer Jürgen Gewerkschaft
Klute Jürgen Rosa-Luxemburg Stiftung
Knecht Willi Aktion Hoffnung/Befreiungstheologe
Kunst Kris economyforthepeople
Müller-Ahlheim Monika Ökumenische Versammlung
Schilder Klaus
Schmidt Helga paxchristi
Schmitthenner Horst IG Metall
Schobel Paul Katholische Betriebsseelsorge
Schönhöffer Peter paxchristi
Schönstein Isolde Arge Österreich
Schulze Klaus-Dieter Kommunität Grimnitz
Segbers Franz Sozialethik Uni Marburg
Wazlawik Klaus Initiative Köpenick
Winkelmann Bernd Initiative anders wachsen/ASÖ