Zu den Wahlversprechen, die Syriza bis heute nicht erfüllen konnte, gehört die Wiedereinstellung jener Putzfrauen, die mit ihrem jahrelangen Protest vor dem griechischen Finanzministerium ein Symbol des Widerstandes gegen die Austeritätspolitik geworden sind. „Es stimmt, die Erwartungen sind sehr, sehr hoch. Wir hoffen, dass sie diese erfüllen kann und vor allem, dass die Wahlversprechen eingehalten werden. Es ist eine linke Regierung, und so sollte sie auch handeln. Wir werden sie dabei unterstützen, wo wir nur können,“ – so sagte es Vasiliki Gkova, eine von ihnen, im Interview mit der jungen Welt. „Stellen Sie sich vor: Ich bin mit 46 Jahren eine der jüngsten in unserer Gruppe. Es handelt sich hier also teilweise um Frauen, die über 60 Jahre alt sind, die auf die Straße gehen und den Polizisten trotzen. … Fast alle Reinigungskräfte haben Gewalt durch die Polizei erfahren. Es war für uns eine furchtbare Erfahrung, von jungen Männern, die unsere Söhne sein könnten, solchem Zwang ausgesetzt zu werden. Ich selber war zweimal auf Grund von Polizeigewalt im Krankenhaus und habe am Ende eine Anzeige wegen Körperverletzung an einem Polizeibeamten bekommen. Diese Erfahrungen haben mich natürlich verändert. Ich bin viel trotziger geworden und ich habe mir geschworen, auf der Straße zu bleiben und weiter zu kämpfen. Nicht nur für uns Reinigungskräfte, sondern für alle Menschen, die durch diese Politik in Bedrängnis geraten sind.“ (junge Welt vom 26. März2015)

Bis heute stehen die Frauen vor dem Finanzministerium. Sie haben ihren Protest nicht abgebrochen, weil sie von Varoufakis gegrüßt werden und in sein Büro eingeladen wurden. Die Unterstützung für die Syriza-Regierung ist nicht bedingungslos. Warum es geht, haben die Frauen selbst am besten formuliert – wie folgt:

„Wir sind 595 Putzfrauen, die seit vielen Jahren im griechischen Finanzministerium arbeiten. Am dem 18. September 2013 wurden wir in einen „Status der Verfügbarkeit“ versetzt; im Mai 2014 verloren wir unsere Arbeit. Wir alle sind Frauen. Die Benachteiligung des Geschlechts ist offensichtlich. Die meisten von uns sind älter als 50 Jahre und nahe an der Grenze zur Rente, die wir nie bekommen werden. Viele von uns sind alleinerziehend. Mit unserem Gehalt haben wir oft unsere Familien unterhalten. Die Politik des Memorandums nimmt uns das Recht, zu arbeiten und zu leben. Gegenwärtig beträgt in unserem Land die Arbeitslosenrate 27 Prozent. Bei Frauen liegt sie bei 62 Prozent.

WIR HABEN KEINE HOFFNUNG AUF EINEN ANDEREN ARBEITSPLATZ
WIR WERDEN OHNE EINE ABFINDUNG ENTLASSEN
OHNE EINEN ANSPRUCH AUF ARBEITSLOSENGELD
OHNE ANSPRUCH AUF ÄRZTLICHE UND MEDIKAMENTÖSE VERSORGUNG

Die Regierung behauptete, dass sie uns entlässt, um die Staatsschulden zu verringern. In Wahrheit aber kosten wir dem griechischem Staat viel weniger als die Arbeitsteams der privaten Unternehmer, die unsere Arbeit übernahmen. Für die [alte] griechische Regierung und die Troika sind wir Nummern und keine menschlichen Leben.  Weil wir zu den unteren Schichten der Arbeiterklasse gehören und vor allem, weil wir Frauen sind, glaubte man, dass wir eine einfache Zielscheibe und ein schwacher Gegner seien. Wir aber, zusammen mit Tausenden von entlassenen Männern und Frauen, kämpfen täglich gegen die Auflagen der Troika, die unser Leben zerstören und uns in die völlige Verelendung führen. Wir führen unseren Kampf weiter und wir werden nicht aufhören, bis wir unser Recht bekommen. Wir fordern das Recht auf Arbeit, auf Sozialversicherung und auf Rente. Wir fordern das Selbstverständliche: Ein würdevolles Leben auf Grundlage unseres schlichten Berufs.“ (Dokumentiert in: „Lunapark21“, Heft 29, Frühjahr 2015)

Aus: FaktenCheck:HELLAS \\ Ausgabe 1 \\ April 2015