von Alexis J. Passadakis
Pünktlicher Schuldendienst, Einhaltung der „Reformprogramme“ – wie eine Monstranz trägt die Bundesregierung diese Forderungen vor sich her. Schäuble wird seit Wochen nicht müde in die Mikrofone zu sprechen: Er kenne niemanden, der verstünde, was die griechische Regierung eigentlich wolle. Tatsächlich liegt es jenseits des Horizonts der deutschen Regierung, dass eine europäische Regierung ernsthaft beabsichtigen könnte, erstens die soziale Verelendung zu bekämpfen und zweitens die Frage nach Demokratie zu stellen.
Für viele in Griechenland war es ein Schock: Mit der Troika wurden seit 2010 demokratische Spielregeln faktisch außer Kraft gesetzt. Eine Troika gibt es in der griechischen Verfassung nicht. Auch im deutschen Grundgesetz würde man nach einer Troika vergeblich suchen. Selbst das Europaparlament hat eingeräumt, dass die Troika auch im Bezug auf die europäischen Verträge rechtswidrig ist. Viele Auflagen der Troika wurden nicht im Parlament abgestimmt, sondern einfach in Kraft gesetzt. Eine Übersetzung der detaillierten englischsprachigen „Verträge“ ins Griechische? Fehlanzeige!
„Verträge müssen eingehalten werden!“ dröhnen Kauder (CDU), Söder (CSU), Schulz (SPD). Aber ist Demokratie in der EU nur als Schönwetterprogramm gedacht? Wichtiger sind offensichtlich die Kontounterlagen der Gläubiger.
Der Aufstieg von Syriza begann 2011 mit der Besetzung des zentralen Syntagma-Platzes in Athen durch soziale Bewegungen, Gewerkschafter, Bürgerinnen und Bürger. Das Netzwerk, das den Anstoß gab, hieß: Reale Demokratie Jetzt!
Alexis J. Passadakis lebt in Köln, ist Politikwissenschaftler und aktiv bei Attac. Er besitzt einen deutschen und einen französischen Pass. Sein griechischer Großvater musste nach dem Überfall der Achsenmächte Italien und Deutschland auf Griechenland ab Anfang der 40er Jahre im IG Farben-Werk Hürth-Knappsack schuften.