von Rolf Becker

1941 überfällt die deutsche Wehrmacht Griechenland. Widerstand wird mit Terror niedergeschlagen, Orte werden „ausgelöscht“, Lebensmittel beschlagnahmt; die Bevölkerung hungert und verhungert. Goebbels notiert im Winter 1941/42: „Hunger ist zu einer endemischen Krankheit geworden. Leute sterben aus Erschöpfung zu Tausenden in den Straßen Athens.“

Für all das gibt es seitdem keinen Ausgleich, Reparationszahlungen werden verweigert, Tatsachen der deutschen Bevölkerung vorenthalten. Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1987: „Diese Gedenkstätte ist unlösbar mit der Geschichte Ihres und meines Volkes verknüpft… Kein Mensch, zumal kein Deutscher, kann hier stehen, ohne von der Botschaft dieses Ortes tief berührt zu sein.“

Seine Worte bleiben ohne Konsequenz. Er sprach sie in Kesariani, dem Athener „Schießstand der Deutschen Wehrmacht“. Dort wurden 600 Griechen ermordet; 1944, am 1. Mai, 200 kommunistische Häftlinge aus dem KZ Chaidari, so wie zuvor, am 5. September 1943, acht jugendliche Widerstandskämpfer. Unter ihnen der 14-jährige Andreas Likourinos, der vor seiner Hinrichtung noch gefoltert wird. Vom Wehrmachts-LKW, der sie durch Athen transportiert, wirft er einen Zettel: „Papa! Sie bringen mich nach Kesariani zur Hinrichtung, zusammen mit sieben anderen (hier folgen die Namen). Ich bitte Dich sehr, verständige ihre Familien. Betrübe Dich nicht. Ich sterbe für die Freiheit und das Vaterland. Andreas“.

Seine Abschiedszeilen finden sich im Buch „Und die Flamme soll euch nicht versengen. Letzte Briefe zum Tode Verurteilter aus dem europäischen Widerstand“. Das Vorwort schrieb Thomas Mann. Luigi Nono vertonte die Zeilen in seinen Kinder-Totenliedern.

Rolf Becker ist Schauspieler und aktiv bei ver.di Hamburg

Aus: FaktenCheck:HELLAS \\ Ausgabe 1 \\ April 2015